Schriftsteller und Spaziergänger von Grimma nach Syrakus
„Wo man singt, laß Dich ruhig nieder, Bösewichter haben keine Lieder.“ Viele Menschen werden diesen Vers kennen. Er ist schon rund 200 Jahre alt und stammt aus der Feder eines Mannes, der als der leidenschaftlichste Fußgänger in die Literaturgeschichte einging: Johann Gottfried Seume.
Wieso Fußgänger? Sein bekanntestes Werk trägt den Titel „Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802“. Syrakus liegt bekanntlich auf Sizilien - also fast an Europas südlichem Ende. Ja - und von wo aus marschiert dieser Bursche los? Von der Mulde Strande - von Hohnstädt, Grimmas beschaulichem Vorort.
Dort in Hohnstädt bzw. in Grimma geht Seume damals seiner Arbeit nach. Der Leipziger Buchhändler Georg Joachim Göschen (1752-1818), der sich in Hohnstädt einen Landsitz gekauft und in Grimma eine Druckerei eingerichtet hatte, holte ihn 1797 an die Mulde. Seume wird bei ihm Korrektor und nebenbei Hauslehrer. Außerdem dichtet er und verfaßt Artikel und Berichte. In dieser Zeit darf unser Seume schon auf ein recht bewegtes Leben zurückblicken.
Am 29. Januar 1763 in Poserna bei Weißenfels geboren, kann er, unterstützt von seinen Lehrern und einem adligen Herrn, 1780 in Leipzig das Studium der Theologie beginnen. Doch diese Wissenschaft scheint ihn in eine Sackgasse zu führen. Der Unterstützung durch den adligen Herrn darf er nicht mehr sicher sein, wenn er seinem eigenen Gusto weiter folgt. Deshalb macht sich der Student auf den Weg nach Frankreich. Weit schafft er es freilich nicht. Hessische Soldatenwerber holen sich den Wanderer, und verkaufen ihn mit vielen anderen Leuten an England, das Truppen für die Unterdrückung des amerikanischen Freiheitswillens braucht. Seume muß einen Teil des Krieges in Amerika mitmachen.
Wieso Fußgänger? Sein bekanntestes Werk trägt den Titel „Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802“. Syrakus liegt bekanntlich auf Sizilien - also fast an Europas südlichem Ende. Ja - und von wo aus marschiert dieser Bursche los? Von der Mulde Strande - von Hohnstädt, Grimmas beschaulichem Vorort.
Dort in Hohnstädt bzw. in Grimma geht Seume damals seiner Arbeit nach. Der Leipziger Buchhändler Georg Joachim Göschen (1752-1818), der sich in Hohnstädt einen Landsitz gekauft und in Grimma eine Druckerei eingerichtet hatte, holte ihn 1797 an die Mulde. Seume wird bei ihm Korrektor und nebenbei Hauslehrer. Außerdem dichtet er und verfaßt Artikel und Berichte. In dieser Zeit darf unser Seume schon auf ein recht bewegtes Leben zurückblicken.
Am 29. Januar 1763 in Poserna bei Weißenfels geboren, kann er, unterstützt von seinen Lehrern und einem adligen Herrn, 1780 in Leipzig das Studium der Theologie beginnen. Doch diese Wissenschaft scheint ihn in eine Sackgasse zu führen. Der Unterstützung durch den adligen Herrn darf er nicht mehr sicher sein, wenn er seinem eigenen Gusto weiter folgt. Deshalb macht sich der Student auf den Weg nach Frankreich. Weit schafft er es freilich nicht. Hessische Soldatenwerber holen sich den Wanderer, und verkaufen ihn mit vielen anderen Leuten an England, das Truppen für die Unterdrückung des amerikanischen Freiheitswillens braucht. Seume muß einen Teil des Krieges in Amerika mitmachen.
Bei der Rückkehr der Truppen nach Deutschland entflieht er. Kurze Zeit später greifen ihn die Preußen auf und stecken ihn in ihre Armee. Doch auf Kaution Emdener Bürger kommt er frei. Auch bekannte Menschen setzen sich für ihn ein. Sein früherer Gönner bietet ihm wieder seine Unterstützung an. Seume beginnt in Leipzig mit dem Studium der Rechtswissenschaft und der Philosophie. Nebenbei verfaßt er Berichte über seine Erlebnisse und wird bekannt. Mit einem Grafen geht er dann nach Rußland und wird dort erneut Soldat. Die Armee schickt ihn in den Krieg nach Polen, von wo aus er jedoch bald nach Leipzig zurückkehrt. Dort freundet er sich mit dem Buchhändler Göschen an. Wie bereits erwähnt, holt ihn dieser dann nach Grimma und beschäftigt ihn auch als Hauslehrer. Dabei zeigt unser Seume ein beachtliches, wenn auch keineswegs in üblichen Bahnen daher kommendes, pädagogisches Talent. Er, der Mitdreißiger, in der Welt herumgekommen und mit reichlich Menschenkenntnis ausgestattet, weiß, worauf es beim Erziehen und Bilden ankommt - auf die Vorbildfunktion.
Dazu zwei kleine Geschichten: Eines Tages, mitten im Dezember, beschließt der Herr Hauslehrer, mit einem seiner Zöglinge von Hohnstädt ins 30 km entfernte Leipzig zu marschieren. Um die Mittagszeit machen sie sich von Hohnstädt auf. Fünf Stunden sind sie unterwegs. In Leipzig schaut man sich im Theater ein Schauspiel an, nimmt noch eine warme Suppe zu sich und tritt dann - wieder zu Fuß - den Rückweg an. Die Uhr zeigt weit nach Mitternacht, als Lehrer und Schüler vor der wachgebliebenen Mutter des Zöglings erscheinen.
Und: Zog da in einer schwülen Sommernacht ein Gewitter herauf. Seume erinnert sich eines Freundes, der ein Stück abseits von Grimma wohnt und sehr unter Gewitter litt. Er holt seinen Zögling aus den Federn, und beide marschieren los - durch Blitz, Donner und Regenguß. Bei dem Leidenden erscheinen sie wie Engel. Ein Freundesdienst? Gewiß! Doch gleicherweise ein pädagogisches Exempel.
Von wem anders als von diesem Mann könnte deshalb wohl der Ausspruch stammen: „(Ich) bin der Meinung, daß alles besser gehen würde, wenn man mehr ginge.“ Dennoch, oder vielleicht auch deshalb, übertreibt er es mit seinen Fußmärschen, zumal mit den längeren. Seine Gesundheit nimmt außerordentlichen Schaden. Auf einer lang hinausgezögerten Kur im böhmischen Teplitz stirbt er dort am 13. Juni 1810, erst 47 Jahre alt.
Man hat Seume oft einen politischen Schriftsteller genannt. Das mag insofern richtig sein, als er gegen die Vertracktheiten und Ungerechtigkeiten seiner Zeit schrieb. Doch das, was er einforderte, das darf man guten Gewissens als ewig gültige Richtlinien menschlichen und mitmenschlichen Umgangs von jeder Gesellschaft verlangen. Über Seumes Wesen schreibt der Schriftsteller Merkel: „Sein Charakter gehörte zu den reinsten, edelsten festesten, die ich gekannt habe“. Viele andere Menschen bestätigten dies.
Dazu zwei kleine Geschichten: Eines Tages, mitten im Dezember, beschließt der Herr Hauslehrer, mit einem seiner Zöglinge von Hohnstädt ins 30 km entfernte Leipzig zu marschieren. Um die Mittagszeit machen sie sich von Hohnstädt auf. Fünf Stunden sind sie unterwegs. In Leipzig schaut man sich im Theater ein Schauspiel an, nimmt noch eine warme Suppe zu sich und tritt dann - wieder zu Fuß - den Rückweg an. Die Uhr zeigt weit nach Mitternacht, als Lehrer und Schüler vor der wachgebliebenen Mutter des Zöglings erscheinen.
Und: Zog da in einer schwülen Sommernacht ein Gewitter herauf. Seume erinnert sich eines Freundes, der ein Stück abseits von Grimma wohnt und sehr unter Gewitter litt. Er holt seinen Zögling aus den Federn, und beide marschieren los - durch Blitz, Donner und Regenguß. Bei dem Leidenden erscheinen sie wie Engel. Ein Freundesdienst? Gewiß! Doch gleicherweise ein pädagogisches Exempel.
Von wem anders als von diesem Mann könnte deshalb wohl der Ausspruch stammen: „(Ich) bin der Meinung, daß alles besser gehen würde, wenn man mehr ginge.“ Dennoch, oder vielleicht auch deshalb, übertreibt er es mit seinen Fußmärschen, zumal mit den längeren. Seine Gesundheit nimmt außerordentlichen Schaden. Auf einer lang hinausgezögerten Kur im böhmischen Teplitz stirbt er dort am 13. Juni 1810, erst 47 Jahre alt.
Man hat Seume oft einen politischen Schriftsteller genannt. Das mag insofern richtig sein, als er gegen die Vertracktheiten und Ungerechtigkeiten seiner Zeit schrieb. Doch das, was er einforderte, das darf man guten Gewissens als ewig gültige Richtlinien menschlichen und mitmenschlichen Umgangs von jeder Gesellschaft verlangen. Über Seumes Wesen schreibt der Schriftsteller Merkel: „Sein Charakter gehörte zu den reinsten, edelsten festesten, die ich gekannt habe“. Viele andere Menschen bestätigten dies.