Jugendjahre in Döben und Haubitz bei Grimma
Manch ein Motiv aus den Büchern von Karl May stammt vermutlich aus seinen Werken, und auch sein Name ist in die Literaturgeschichte eingegangen: Friedrich Gerstäcker. Flußpiraten des Mississippi hat er hier im Heimatbotenland mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gefunden. Für ihn, den 1816 geborenen Hamburger, war die Landwirtschaftslehre von 1835 - 1837 in Döben und Haubitz die letzte Etappe vor seiner ersten Amerika-Reise, die er im Mai 1837 antrat.
Wir wollen uns in diesem kleinen Beitrag über den verdienstvollen Schriftsteller indes weniger mit den Abenteuern in Übersee oder seinem Lebenslauf befassen. Friedrich Gerstäcker hat, wohl kurz nach Antritt der besagten Landwirtschaftslehre, einen sehr intensiven Briefwechsel mit seinem „Herzensfreund“ begonnen. „Mein lieber Herzensfreund“, so die Anrede in vielen Briefen - das war ein gewisser Adolph Hermann Schultz, Jurastudent und später „Actuar“ u.a. in Wermsdorf und Oschatz. In diesen Briefen finden sich zahlreiche Bezüge auf Döben, Haubitz, Grimma oder Nerchau, von denen wir hier einen kleinen Teil vorstellen möchten.
Unser Held beginnt seinen Auftritt am 19. August 1835 in Haubitz - mit einem Beinbruch, der er sich beim Sprung von einer „ziemlich hohen Mauer“ zugezogen hatte. Heute ist ein Beinbruch meist nichts dramatisches, eben „kein Beinbruch“ mehr, aber damals ... Lassen wir ihn in einem Brief vom 7. September 1835, also drei Wochen später, selbst zu Wort kommen:
„Was mein Bein anbetrifft ..., so geht es mit starken Schritten, wenn ich nämlich so sagen kann, der Besserung zu, da ich die Grimmischen Doktoren zum Teufel gejagt habe und mir einen aus der kleinen Stadt Nergau (Nerchau, d.R.) genommen habe. Meine Mutter weiß übrigens noch nichts davon, denk Dir, fünf Mal haben mir diese Grimmischen Pfuscher das Bein eingerückt, und immer nicht recht, und nicht allein, daß mir der eine versicherte, daß das Bein kürzer werden würde (worauf ich ihm übrigens erwiderte, daß dann mein erster Ausgang ein zweiter Sprung von der Mauer sein sollte, um es mir zum zweiten Mal abzubrechen und besser heilen zu lassen), sondern ich würde auch wohl 14-15 Wochen noch liegen müssen. Jetzt hoffe ich doch, in vier Wochen zuerst meine Auferstehung zu feiern.“
Wir wollen uns in diesem kleinen Beitrag über den verdienstvollen Schriftsteller indes weniger mit den Abenteuern in Übersee oder seinem Lebenslauf befassen. Friedrich Gerstäcker hat, wohl kurz nach Antritt der besagten Landwirtschaftslehre, einen sehr intensiven Briefwechsel mit seinem „Herzensfreund“ begonnen. „Mein lieber Herzensfreund“, so die Anrede in vielen Briefen - das war ein gewisser Adolph Hermann Schultz, Jurastudent und später „Actuar“ u.a. in Wermsdorf und Oschatz. In diesen Briefen finden sich zahlreiche Bezüge auf Döben, Haubitz, Grimma oder Nerchau, von denen wir hier einen kleinen Teil vorstellen möchten.
Unser Held beginnt seinen Auftritt am 19. August 1835 in Haubitz - mit einem Beinbruch, der er sich beim Sprung von einer „ziemlich hohen Mauer“ zugezogen hatte. Heute ist ein Beinbruch meist nichts dramatisches, eben „kein Beinbruch“ mehr, aber damals ... Lassen wir ihn in einem Brief vom 7. September 1835, also drei Wochen später, selbst zu Wort kommen:
„Was mein Bein anbetrifft ..., so geht es mit starken Schritten, wenn ich nämlich so sagen kann, der Besserung zu, da ich die Grimmischen Doktoren zum Teufel gejagt habe und mir einen aus der kleinen Stadt Nergau (Nerchau, d.R.) genommen habe. Meine Mutter weiß übrigens noch nichts davon, denk Dir, fünf Mal haben mir diese Grimmischen Pfuscher das Bein eingerückt, und immer nicht recht, und nicht allein, daß mir der eine versicherte, daß das Bein kürzer werden würde (worauf ich ihm übrigens erwiderte, daß dann mein erster Ausgang ein zweiter Sprung von der Mauer sein sollte, um es mir zum zweiten Mal abzubrechen und besser heilen zu lassen), sondern ich würde auch wohl 14-15 Wochen noch liegen müssen. Jetzt hoffe ich doch, in vier Wochen zuerst meine Auferstehung zu feiern.“
Gerstäcker verliebt sich in Haubitz in ein Mädchen Albertine, das ihm aber just im Krankenbette auf die Frage, „ob ich ihr nämlich ganz gleichgültig sei?“, ein festes „Ja“ zur Antwort gibt. Die nun folgende Stimmung läßt sich erahnen: „Die Glocke hat eben draußen 12 geschlagen, der Holzwurm pickt eintönig in dem alten Holzwerk, und ein Heimchen begleitet ihn mit ihrem melancholischen Gezirpe, eine Fledermaus oder ein sonstiger Nachtvogel flog eben gegen das helle Fenster an, und auf dem Dache schreit ein kleiner Kauz, oder Totenvogel, wie ihn der Aberglaube nennt, sein einförmiges „Komm mit, komm mit“ in die dunkle Nacht hinaus. Es wäre jetzt eine recht geeignete Zeit, einen Geist aus seiner dunklen Gruft zu beschwören, aber ich darf nicht hoffen, daß er auf meine Bitte erscheinen wird. Die Lebenden haben mich verlassen, was sollen sich die Toten um mich kümmern.“
Ein Gespräch mit Albertine liegt auch hinter ihm, als er, inzwischen genesen, in einer Winternacht von Haubitz nach Döben reitet: „Wenn es irgend in der Welt etwas gibt, das wilde, tobende Gefühle zu sanften Empfindungen umwandeln kann - so ist es eine schöne, freundliche Gegend, und die ist hier wirklich um Döben entzückend.“ Am 8. Januar 1836 schreibt er: „... Ich ging hinaus ins Freie unter den besternten Himmel, und vor mir lag eine der herrlichsten Winterlandschaften, die man sich denken kann. Hinter mir ragte das alte Ritterschloß Döben wie ein dunkler Koloß in den blauen Nachthimmel hinein, und unter mir lag still die Mulde, unter einer dünnen Eisdecke ruhend.“
Auch wenn, wie schon beschrieben, der sein Bein heilende Arzt aus Nerchau stammte - irgendwie schien er mit der Kleinstadt unangenehme Erinnerungen zu verbinden: „Nerchau ist ein kleines Städtchen, wo die Gänse schon seit undenklichen Zeiten das Pflaster weggefressen haben, so daß die wenigen Steine, die ja hie und da liegen, nur dazu dienen, „den harmlosen Wanderer“ auf die Nase zu legen, und ihm gleichsam die Stadt Nerchau „dicht vor die Augen“ zu bringen.“
Kultur gab es auch schon vor 170 Jahren im Muldenland - Theater in Grimma: „Schon lange ist Theater in Grimma, und immer paßte es nicht, auch einmal einen Maulaffen mit abzugeben. Endlich am Freitag trugen mich meine Beine und Kießling die seinigen dem alten Grimme zu. Wir saßen unten, erster Platz 4 m, zweiter Platz 2 m, dritter Platz 1 m, immer höher und höher stiegen hinter uns die Plätze der „sich im behaglichen Dufte befindenden“ in die Höhe bis unter die Decke, und der ca. 400 Menschen fassende Saal war voll... Nur die Maul und Nase aufsperrenden Physiognomien einiger Grimmenser machten mir einigen Spaß. Das Stück war schon einmal gegeben, und jedes Mal, wenn einer der wahrhaft ledernen Witze kam, mußte ich ihn schon vorher von meinem Hintermann erfahren.“
Seinen Abschied vom Muldenland nimmt Friedrich Gerstäcker im Frühjahr 1837, um ab dem 12. Mai 1837 an Bord der „Constitution“ ins ferne Amerika zu fahren. Glücklicherweise haben sich seine im Text erwähnten Briefe in größeren Teilen erhalten und befinden sich heute im Literaturarchiv der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg. Ihre Veröffentlichung erfolgte dann 1982 durch die „Friedrich-Gerstäcker-Gesellschaft e.V. Braunschweig“, aus deren verdienstvoller Publikation „Friedrich Gerstäcker - Mein lieber Herzensfreund! Briefe an seinen Freund Adolph Hermann Schultz 1835 - 1854“ die im Text aufgeführten, teils sprachlich leicht bearbeiteten Zitate stammen.
Ein Gespräch mit Albertine liegt auch hinter ihm, als er, inzwischen genesen, in einer Winternacht von Haubitz nach Döben reitet: „Wenn es irgend in der Welt etwas gibt, das wilde, tobende Gefühle zu sanften Empfindungen umwandeln kann - so ist es eine schöne, freundliche Gegend, und die ist hier wirklich um Döben entzückend.“ Am 8. Januar 1836 schreibt er: „... Ich ging hinaus ins Freie unter den besternten Himmel, und vor mir lag eine der herrlichsten Winterlandschaften, die man sich denken kann. Hinter mir ragte das alte Ritterschloß Döben wie ein dunkler Koloß in den blauen Nachthimmel hinein, und unter mir lag still die Mulde, unter einer dünnen Eisdecke ruhend.“
Auch wenn, wie schon beschrieben, der sein Bein heilende Arzt aus Nerchau stammte - irgendwie schien er mit der Kleinstadt unangenehme Erinnerungen zu verbinden: „Nerchau ist ein kleines Städtchen, wo die Gänse schon seit undenklichen Zeiten das Pflaster weggefressen haben, so daß die wenigen Steine, die ja hie und da liegen, nur dazu dienen, „den harmlosen Wanderer“ auf die Nase zu legen, und ihm gleichsam die Stadt Nerchau „dicht vor die Augen“ zu bringen.“
Kultur gab es auch schon vor 170 Jahren im Muldenland - Theater in Grimma: „Schon lange ist Theater in Grimma, und immer paßte es nicht, auch einmal einen Maulaffen mit abzugeben. Endlich am Freitag trugen mich meine Beine und Kießling die seinigen dem alten Grimme zu. Wir saßen unten, erster Platz 4 m, zweiter Platz 2 m, dritter Platz 1 m, immer höher und höher stiegen hinter uns die Plätze der „sich im behaglichen Dufte befindenden“ in die Höhe bis unter die Decke, und der ca. 400 Menschen fassende Saal war voll... Nur die Maul und Nase aufsperrenden Physiognomien einiger Grimmenser machten mir einigen Spaß. Das Stück war schon einmal gegeben, und jedes Mal, wenn einer der wahrhaft ledernen Witze kam, mußte ich ihn schon vorher von meinem Hintermann erfahren.“
Seinen Abschied vom Muldenland nimmt Friedrich Gerstäcker im Frühjahr 1837, um ab dem 12. Mai 1837 an Bord der „Constitution“ ins ferne Amerika zu fahren. Glücklicherweise haben sich seine im Text erwähnten Briefe in größeren Teilen erhalten und befinden sich heute im Literaturarchiv der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg. Ihre Veröffentlichung erfolgte dann 1982 durch die „Friedrich-Gerstäcker-Gesellschaft e.V. Braunschweig“, aus deren verdienstvoller Publikation „Friedrich Gerstäcker - Mein lieber Herzensfreund! Briefe an seinen Freund Adolph Hermann Schultz 1835 - 1854“ die im Text aufgeführten, teils sprachlich leicht bearbeiteten Zitate stammen.